Verfasst am: 13.01.2006, 17:20 Titel: Ess-Störungen
Ess-Störungen
Bulimie, Magersucht und Ess-Sucht sind ernstzunehmende Krankheiten
Anorexie und Bulimie - Erkrankungen mit Suchtcharakter
Ursachen für Ess-Störungen liegen unter anderem in der Werbung und dem vermittelten Schönheitsideal, das dem natürlichen Körperbau der meisten Frauen gar nicht entspricht. Superdünne Models sind teilweise Vorbilder, denen die Mädchen nicht ausweichen können. So sind 95 Prozent aller Patienten mit Ess-Störungen weiblich. Die Frauen glauben, mit dem Erreichen der Traumfigur könnten sie ihre Ängste und Probleme beseitigen. Magersucht kann aber auch eine Folge von Problemen mit dem Erwachsenwerden und dem Ablösen vom Elternhaus sein. Mit der Magersucht bleiben die Mädchen Kind.
Angehörige sollten die betroffende Person vorsichtig und ohne Vorwürfe ansprechen, eventuell professionelle Hilfe vermitteln. Bei Minderjährigen sollten die Eltern ohne Zögern die Initiative ergreifen und zum Beispiel eine Familientherapie organisieren.
Betroffene können selbst nur schwer die Krankheit erkennen. Dennoch ist es wichtig, die Verantwortung zu übernehmen. Es gibt die Möglichkeit, sich an den Hausarzt oder einen Psychotherapeuten zu wenden. Weitere Möglichkeiten: Familienberatungsstellen, Sozialdienste, Suchtpräventionsstellen, Schulpsychologische Dienste oder auch Literatur zum Thema lesen.
Die ganze Familie gegen die Magersucht
Sie hungern sich fast zu Tode oder stopfen unvorstellbare Mengen in sich hinein, um sich umgehend wieder zu übergeben - Magersucht oder Ess-Brech-Sucht genannt. Magersucht, die vor allem in der Pubertät beginnt, ist eine schwere Erkrankung, an der rund 15 Prozent der betroffenen Mädchen sterben. Etwa ein Prozent der 13- bis 18-Jährigen sind magersüchtig, ca. drei Prozent sind an Bulimie erkrankt. Die Tendenz steigt - auch bei jungen Männern.
Krankheitsbild Bulimie
Bulimiker essen mindestens zweimal pro Woche in kurzer Zeit eine große Menge, die sie danach wieder erbrechen. Bulimiker erkennt man häufig nicht, da sie oft ihr normales Körpergewicht halten können. Verdacht sollte bereits bei regelmäßigem Gang auf die Toilette nach dem Essen, rätselhaftem Verschwinden von Lebensmitteln, Geldnot des Betroffenen aufkommen.
In unserer Gesellschaft ist Essen immer auch ein gesellschaftliches Ereignis, Mittel zum Ausdruck der Zuneigung, Luxus, Symbol für gesellschaftlichen Status, Ausdruck der Lebensideologie, umweltpolitisches Statement, Belohnung, Strafe und ein Druckmittel. Immer mehr dreht sich um das wie, was und wieviel. Leistungsdruck und Schönheitsideal führen dazu, dass viele Frauen ständig Angst vor dem Dickwerden haben. Ein gestörtes Verhältnis zum Essen aber macht krank und führt zu psychosozialen Krankheiten, die unter dem Begriff Ess-Störungen zusammengefasst werden. Etwa eine von hundert Frauen oder Mädchen erkrankt daran. Eine dieser Krankheiten, die Bulimie oder Ess-Brechsucht, tritt in vergangenen Jahren eindeutig häufiger auf. Ess-Störungen werden erst seit den siebziger Jahren als Krankheiten definiert und erforscht, doch bis heute weiß man relativ wenig über die Risikofaktoren.
Krankheitsbild Magersucht
Magersüchtige essen über längere Zeit sehr wenig und gelten als krank, wenn ihr Body Mass Index (BMI) weniger als 17,5 beträgt. Zu den Folgen von einseitiger Ernährung und Gewichtsverlust zählen: Wassereinlagerung im Gewebe, trockene Haut, Verstopfung, Blutarmut, Knochenschwund, Zahn- und Nierenschäden, Herzrhythmus- und Hormonstörungen. Signale für Magersucht sind starke Gewichtsabnahme, Kalorienzählen, Fernbleiben von gemeinsamen Mahlzeiten, Schlaflosigkeit, ständiges Frieren.
Ringen um ein bisschen Aufmerksamkeit
Ein Apfel und ein Joghurt - das ist alles, was manches Mädchen oder manche junge Frau pro Tag isst - und das über lange Zeit. Obwohl sie schon weit unter das Normalgewicht abgemagert sind, fühlen sich magersüchtige Frauen aber immer noch zu dick. Sie betreiben übermäßig Sport und hungern weiter. Magersucht, auch Anorexia Nervosa genannt, ist eine psychiatrische Krankheit, die lebensbedrohlich werden kann. Die 31 Jahre alte Ärztin Barbara Hummer hat das durchgemacht. Sie war ein braves Mädchen und eine gute Schülerin, doch das war nicht genug. Mit sechzehn Jahren hörte sie plötzlich ständig Kommentare zu ihrer Figur. Als sie wegen einer Krankheit strenge Diät halten musste und abnahm, entdeckte sie die scheinbare Macht des Hungerns. Durch die Gewichtsabnahme erreichte sie einen Grad an Aufmerksamkeit, der ihr sehr gefiel. Barbara Hummer wurde süchtig nach dem Abnehmen. Sie aß kaum noch und ging statt dessen Joggen. Nach einem halben Jahr wog sie nur noch 35 Kilo.
Endlich war sie schlanker als ihre Zwillingsschwester Margarete, mit der sie immer verglichen worden war. Der Arzt, der sie später im Spital zum Essen zwang, betrachtete das Hungern als pubertäre Spinnerei. Sie selbst versteht heute den wahren Grund für ihre Magersucht: das Ringen um ein bisschen Aufmerksamkeit.
Die ganze Familie gegen die Magersucht
Rund 85 Prozent aller magersüchtigen Jugendlichen werden durch die Multifamilien-Therapie geheilt, bei konventionellen Therapien liegt die Rückfallquote bei mehr als 50 Prozent. Entwickelt hat sie Prof. Michael Scholz von der Uniklinik Dresden, der seit Jahren auf die Behandlung der Magersucht (Anorexie) spezialisiert ist.
Die sogenannte Ess-Sucht
Ess-Störungen treten in erster Linie bei Mädchen in der Pubertät und bei jungen Frauen auf. Doch nicht immer äußert sich die Störung in extremer Nahrungsverweigerung. Bei der sogenannten "binge-eating disorder" oder Ess-Sucht haben die Patientinnen Essanfälle, in denen sie große Mengen kalorienreicher Lebensmittel heimlich in sich hineinstopfen. Das ist auch typisch bei Bulimie oder Ess-Brechsucht. Um nicht dick zu werden, greifen diese Frauen jedoch zu einer brutalen und gesundheitsschädlichen Methode: Sie nehmen Abführmittel oder zwingen sich nach den Anfällen zum Erbrechen. Ess-Störungen sind seit etwa dreißig Jahren als Krankheiten definiert, die Risikofaktoren sind aber noch wenig bekannt.
Es wird vermutet, dass die Patientinnen an einer genetisch bedingten Störung der Appetitregulation leiden könnten. Entscheidend dürften aber die Persönlichkeit und das familiäre Umfeld sein. Die Einstellung zum eigenen Körper, das Verhältnis zu den Eltern, Eßgewohnheiten in der Familie, traumatische Erlebnisse gelten als mögliche Ursachen.
Adipositas - auch eine ernstzunehmende Ess-Störung
Adipositas ist ein Zustand, der durch eine übermäßige Ansammlung von Fettgewebe im Körper gekennzeichnet ist. Die Adipositas wird heute als eine chronische Gesundheitsstörung verstanden. Sie beruht auf einer polygenetischen Veranlagung, geht mit einer hohen Begleit- und Folgemorbididtät einher und erfordert ein langfristiges Behandlungs- und Betreuungskonzept. Übergewicht und Adipositas sind in der Bevölkerung epidemisch verbreitet. Etwa jeder dritte erwachsene Bundesbürger ist deutlich übergewichtig und sollte aus medizinischen Gründen Gewicht abnehmen.