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 Betreff des Beitrags: Zwangsstörungen
BeitragVerfasst: Freitag 12. Mai 2006, 10:51 
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Verfasst am: 26.02.2006, 14:16 Titel: Zwangsstörungen

Zwangsstörungen

Einem Menschen, der unter einer Zwangsstörung leidet, drängen sich wiederholt Gedanken oder Handlungen auf, die er zwar als unsinnig erkennt, gegen deren Auftreten er sich aber nicht wehren kann. Wird diesem Zwang nicht nachgegeben, empfindet der Betroffene meist unerträgliche Anspannung. Als Ursache wird das Zusammenspiel biologischer und psychologischer Faktoren angenommen: So scheint zum einen der Stoffwechsel bestimmter Botenstoffe des Gehirns gestört zu sein. Zum anderen können Zwänge als Form der Angstbewältigung angesehen werden (z.B. kann eine starke Angst vor Ansteckung zu einem extremen Waschverhalten führen). Bei der Behandlung werden Psychopharmaka und psychotherapeutische Techniken (z.B. Unterbindung der Zwangshandlung und Bewältigung der daraus folgenden Angst) eingesetzt.

Definition
Unter der Bezeichnung "Zwang" versteht man Vorstellungen und Handlungen, die sich einem Menschen aufdrängen. Obwohl diese Gedanken oder Handlungsimpulse von der betroffenen Person als unsinnig erkannt werden, kann die Person sich gegen ihr Auftreten nicht wehren. Wird dem Zwang nicht nachgegeben, empfindet der Betroffene meist "unerträgliche" Angst.

Auch bei gesunden Menschen treten manchmal Verhaltensweisen auf, die einer Zwangsstörung ähneln. So kennt bestimmt jeder von sich selbst oder anderen den Moment, in dem man das Haus verlässt und sich fragt, ob der Herd tatsächlich ausgeschaltet ist. Dieser Gedanke lässt einem, obwohl man eigentlich weiß, dass man den Herd immer ausmacht, keine Ruhe, so dass man vorsichtshalber dann doch in der Küche nachschaut. Auch der Typ Mensch, der ein großes Bedürfnis nach penibler Sauberkeit hat und der es kaum ertragen kann, wenn jemand seine übliche Ordnung durcheinander bringt, ist uns allen bekannt. Doch was diese Verhaltensweisen von der krankhaften Zwangsstörung unterscheidet ist, dass bei Zwangskranken der gesamte Alltag von Zwangshandlungen oder -gedanken beeinträchtigt wird. Es kann soweit kommen, dass der größte Teil des Tages mit Zwangshandlungen ausgefüllt ist. Allerdings ist es nicht möglich, eine scharfe Grenze zwischen normalem zwangsähnlichen Verhalten und krankhaften Zwangserscheinungen zu ziehen.

Häufigkeit

Lange Zeit wurde angenommen, dass nur wenige Menschen an einer Zwangsstörung leiden. Inzwischen geht man aber davon aus, dass etwa 1-2 % der Bevölkerung betroffen sind. Einzelne Zwangssymptome können bei ungefähr 8 % der Normalbevölkerung festgestellt werden. Die Krankheit beginnt häufig in einem Alter von 20 bis 25 Jahren, aber auch ein späterer Beginn oder der Beginn in der Kindheit sind möglich. Männer erkranken häufiger als Frauen. Zwangserscheinungen treten oft auch im Zusammenhang mit depressiven Störungen, Ängsten, Alkoholmissbrauch und Essstörungen auf.

Ursachen
Es wird davon ausgegangen, dass Zwangsstörungen durch ein Zusammenwirken von organischen und psychologischen Faktoren verursacht werden.

Neurobiologische Befunde
Mit Hilfe von Verfahren, die es ermöglichen, Hirnfunktionen zu untersuchen, wurde festgestellt, dass Zwangsstörungen im Zusammenhang mit Störungen in der Funktion bestimmter Hirnregionen (Basalganglien, limbisches System und Frontalhirn) stehen. Im Zusammenwirken dieser Hirnstrukturen spielt der Botenstoff Serotonin , der an der Impulskontrolle beteiligt ist, eine wichtige Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass bei Zwangspatienten, die Medikamente erhielten, die die Wiederaufnahme von Serotonin hemmen, eine Besserung eintrat. Ähnliche Erfolge wurden auch von Patienten berichtet, bei denen die Verbindung zwischen zwei der beteiligten Hirnregionen (Basalganglien und Frontalhirn) chirurgisch unterbrochen wurde. Diese Behandlungsmethode wird allerdings nur noch eingesetzt, wenn andere Methoden erfolglos bleiben. Die Befunde sprechen dafür, dass es eine biologisch bedingte Disposition für Zwangsstörungen gibt. Diese Annahme wird auch von genetischen Untersuchungen unterstützt, die zeigen, dass, je näher der Verwandtschaftsgrad einer Person zu einem Zwangspatienten ist, die Wahrscheinlichkeit, ebenfalls an einer Zwangsstörung zu erkranken, auch steigt. Allerdings können neurobiologische Theorien allein nicht das Auftreten von Zwangsstörungen erklären. So tritt beispielsweise bei 20-40% der Patienten, die mit dem oben erwähnten Medikament behandelt werden, keine Besserung ein, was dafür spricht, dass noch andere Faktoren an der Entstehung von Zwangserkrankungen beteiligt sind

Psychoanalytische Erklärungsmodelle
Es wird angenommen, dass bei Zwangskranken eine Fixierung auf die anale Phase vorliegt. Mit analer Phase wird eine von Freud beschriebene Entwicklungsstufe des Kindes (ca. im 2. oder 3. Lebensjahr) bezeichnet. In dieser Zeit erlangt das Kind die willkürliche Beherrschung des Schließmuskels, die Ausscheidung erlebt es als lustvoll. In diese Phase fällt auch die Sauberkeitserziehung; dabei muss das Kind lernen, wie es Befriedigung aufschieben und Kontrolle über triebhafte Bedürfnisse gewinnen kann. Erfährt das Kind auf dieser Stufe nicht genug Befriedigung, z.B. aufgrund einer sehr strengen Sauberkeitserziehung durch die Eltern, kann es zu einer Fixierung auf der analen Entwicklungsstufe kommen. Freud geht davon aus, dass in diesem Fall der Patient, zumindest unbewußt, auch später noch mit den unbefriedigten Bedürfnissen aus der analen Phase (z.B. mit dem Wunsch, mit dem eigenen Kot zu spielen) zu kämpfen hat. Da die Befriedigung dieser Bedürfnisse aber nicht zugelassen wird, treten Abwehrmechanismen auf, um diese Bedürfnisse zu unterdrücken. Auf diese Weise kann sich der eigentliche Wunsch (z.B. nach Beschmutzung) in das genaue Gegenteil, z.B. penible Sauberkeit, umkehren.

Lerntheoretische Aspekte
Die Lerntheorie geht davon aus, dass eine Beziehung zwischen Zwängen und Angst besteht. So wird die Entstehung von Zwangshandlungen als eine Form der Angstbewältigung angesehen. Leidet etwa eine Person an der krankhaften Angst, sich zu beschmutzen oder durch das Anfassen schmutziger Gegenstände eine ansteckende Krankheit zu bekommen, wird sie diese Angst bewältigen, indem sie sich die Hände wäscht. Durch diese Handlung wird die Angst reduziert, und die Handlung wird wiederholt, weil dadurch das erneute Auftreten der Angst vermieden werden kann. Auf diese Weise tritt die Zwangshandlung an die Stelle der Angst.

Symptome
Zwangsstörungen zeichnen sich durch folgende Merkmale aus: Bestimmte Gedankeninhalte oder Handlungen wiederholen sich auf immer gleiche Weise, sie drängen sich der Person auf, obwohl sie als sinnlos erlebt werden. Sie können nicht vermieden oder unterdrückt werden. Bei dem Versuch, sich den Gedanken oder Handlungen zu widersetzen, tritt bei dem Zwangskranken intensive innere Spannung und Angst auf.

Es lassen sich drei Arten von Zwangserscheinungen unterscheiden, nämlich Zwangsgedanken, Zwangsimpulse und Zwangshandlungen. Bei etwa zwei Drittel der Patienten treten sowohl Zwangsgedanken als auch Zwangshandlungen auf.

Zwangsgedanken
Hierunter versteht man das zwanghafte Auftreten von Gedanken oder Vorstellungen, häufig als Gegenimpuls zu einer Situation, z.B. das zwanghafte Aufdrängen gotteslästerlicher Worte in der Kirche oder der Zwang, bei besonders feierlichen Anlässen aufspringen zu wollen und ordinäre Beschimpfungen von sich geben zu wollen. Auch können Zwangsbefürchtungen, beispielsweise um die Gesundheit von Angehörigen, auftreten. Zwangsgedanken werden als unsinnig empfunden, und der Patient versucht, meist vergeblich, sie zu unterdrücken. Schließlich fühlt der Betroffene sich den Zwangsgedanken hilflos ausgeliefert. Typische Inhalte von Zwangsgedanken sind die Furcht, sich beim Kontakt mit Objekten oder anderen Menschen zu beschmutzen, dauernde und unlösbare Zweifel, bestimmte Dinge getan oder unterlassen zu haben (so z.B. die Frage, ob man das Autolicht angelassen hat) oder der zwanghafte Gedanke, die eigene Gesundheit könnte gefährdet sein. Bei vielen Patienten treten verschiedene Zwangsgedanken auf.

Zwangsimpulse
Hiermit sind sich zwanghaft aufdrängende, unwillkürliche Handlungsimpulse gemeint. Die Patienten leben in der ständigen Angst, diese Handlung tatsächlich auch auszuführen, was aber meist nicht geschieht. Die Angst vor der Ausführung ist besonders groß bei aggressiven Zwangsimpulsen, wie z.B. dem Impuls, das eigene geliebte Kind zu verletzen oder zu töten. Zwangsimpulse können auch sexueller Natur sein, wie der Impuls zu unkontrollierten sexuellen Handlungen oder gegen sich selbst gerichtete Aggression zum Inhalt haben, wie z.B. der Impuls, von einer Brücke oder einem Hochhaus zu springen.

Zwangshandlungen
Hierbei handelt es sich um Handlungen, die zwanghaft gegen oder ohne Willen ausgeführt werden. Sie werden meist aufgrund von Zwangsimpulsen oder -befürchtungen vorgenommen. Versucht der Patient, diese Handlungen zu unterlassen, tritt intensive innere Anspannung und Angst auf. Obwohl er sie als sinnlos empfindet, fühlt der Betroffene sich gezwungen, die Handlungen immer wieder und immer auf gleiche Weise zu wiederholen. Am häufigsten treten Kontrollzwänge auf. So kommen beim Betroffenen z.B. nach dem Abschließen der Haustür Zweifel auf, ob die Tür auch wirklich verschlossen ist. Dies muss er dann bis zu zwanzig oder dreißig Mal kontrollieren, obwohl der Patient weiß, dass die Tür bereits verschlossen ist. Doch nur durch die Ausführung der Kontrollhandlung kann die bestehende innere Spannung abgebaut werden, was meist allerdings nur kurze Zeit vorhält. Verschiedene Zwangshandlungen können sich zu einem Zwangsritual zusammenfügen, das in bestimmter Form und Häufigkeit durchgeführt werden muss. Weitere typische Beispiele für Zwangshandlungen sind der Waschzwang, das zwanghafte Nachfragen und der Zählzwang. Bei knapp 50% der Patienten treten verschiedene Handlungen parallel auf.

Verlauf
Zwangsstörungen verlaufen meist chronisch, wobei die Intensität der Symptomatik allerdings schwanken kann. Sie neigen dazu, sich auszubreiten und beeinträchtigen dann immer größere Teile des Alltags, allein schon deshalb, weil Zwangshandlungen und -rituale so viel Zeit in Anspruch nehmen können, dass andere Aktivitäten zu kurz kommen. Sozialer Rückzug und Isolation sind häufige Folgen der Zwangsstörung, es können aber auch körperliche Schädigungen auftreten. So werden z.B. beim Waschzwang die Hände aus Angst vor Verschmutzung manchmal so oft gewaschen, dass sich Ekzeme bilden. Die Zwangssymptomatik kann so ausgeprägt sein, dass dem Patienten der Selbstmord als der einzige Ausweg erscheint

Therapie
Durch eine Kombination von medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlungsmethoden konnte in den letzten Jahren die Prognose für Zwangsstörungen erheblich verbessert werden. Wenn es auch selten zu einer vollständigen Heilung kommt, so kann doch meist eine deutliche Verminderung des Leidensdrucks und eine verbesserte Kontrolle und Bewältigung der Symptomatik erreicht werden

Pharmakologische und Psychotherapeutische Behandlung
Pharmakologische Behandlung: Bei der medikamentösen Behandlung von Zwangsstörungen werden Medikamente eingesetzt, die die am Anfang erwähnten gestörten Hirnfunktionen positiv beeinflussen. Hierzu zählen Präparate, die die Wiederaufnahme von Serotonin hemmen, aber auch Medikamente, die üblicherweise zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden und ebenfalls auf den Serotoninhaushalt einwirken. Erst nach einem Zeitraum von etwa zehn Wochen kann beurteilt werden, ob die Behandlung anschlägt. Die Behandlung wird dann als erfolgreich angesehen, wenn der Patient sich subjektiv fähig fühlt, die Symptome zu kontrollieren.

Psychotherapeutische Verfahren:
In der Verhaltenstherapie werden zunächst die Zwangsgedanken und -handlungen und die Situationen, in denen sie auftreten, analysiert. Der Patient wird dann angeleitet, sich den angstauslösenden Situationen bewusst auszusetzen, dabei aber Zwangshandlungen zu unterdrücken. Es wird davon ausgegangen, dass der Patient so die Erfahrung macht, dass die befürchteten Folgen ausbleiben, dass z.B. das Anfassen schmutziger Gegenstände nicht zu einer Erkrankung führt und somit auch die den Zwangshandlungen zugrundeliegende Angst verschwindet. Bei dieser Konfrontationsmethode wird stufenweise vorgegangen, d.h. es wird mit der am wenigsten belastenden Situation begonnen und dann langsam bis zur problematischsten Situation fortgefahren. Häufig werden auch Entspannungsverfahren, wie Autogenes Training, mit dieser Methode kombiniert. Auf der kognitiven Ebene, d.h. Denkvorgänge und Beurteilungen betreffend, sollen die Patienten lernen, ihre Zwangssymptome als solche zu identifizieren. Dadurch soll es dem Patienten ermöglicht werden, sich von seinen Befürchtungen zu distanzieren und Widerstand gegen den Zwang zu leisten. Dabei kann eine Technik hilfreich sein, die sich "Gedanken-Stopp" nennt. Hier soll der Patient sich in dem Moment, in dem seine Befürchtungen auftreten, das Wort "Stopp" denken oder vorsprechen, um so den störenden Gedanken zu unterdrücken. Um der für Zwangsstörungen typischen Isolation und dem sozialen Rückzug entgegenzuwirken, sollte bei der Therapie die nächste Umgebung, z.B. die Familie, mit einbezogen werden


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BeitragVerfasst: Freitag 12. Mai 2006, 10:52 
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Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.
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Telefon: +49 (5 41) 4 09 66 33
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Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V.
Frau Titze, Herr Brill, Frau Wullenkort, Frau Meyn
Thomas-Mann-Straße 49a
D-53111 Bonn
Telefon: +49 (2 28 ) 63 26 46
Fax: +49 (2 28 ) 65 80 63

Linktipps:
http://www.zwaenge.de

Homepage der Deutschen Gesellschaft für Zwangserkrankungen


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BeitragVerfasst: Montag 22. Mai 2006, 08:00 
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Zwangserkrankungen - der Drang, der nicht zu stoppen ist

Stundenlanges Händewaschen oder die endlose Kontrolle der Wohnungstür - Zwangshandlungen sind immer wieder auftretende Verhaltensweisen zu denen sich der Betroffene gedrängt fühlt, obwohl sie ihm selber oft sinnlos oder zumindest übertrieben erscheinen.

Hauptmerkmal einer Zwangsstörung sind zum einen wiederkehrende Zwangsgedanken, zum anderen Zwangshandlungen. In mehr als der Hälfte aller Fälle treten beide zusammen auf. Bei Zwangsgedanken handelt es sich um aufdringliche Ideen, Gedanken, Bilder oder Impulse. Bei Zwangshandlungen um Handlungen, zu denen sich der Betroffene innerlich gedrängt fühlt.

Der Übergang von normalem zu zwanghaftem Verhalten verläuft oft fließend und ist deshalb auch schwer zu erkennen, generell gilt jedoch: Je stärker das zwanghafte Verhalten von dem sonst üblichen Verhalten abweicht und je mehr sich der Betroffene in seinem alltäglichen Leben behindert und eingeengt fühlt, desto mehr wird man von einer Störung oder Erkrankung sprechen.

Für die Diagnose Zwangserkrankung müssen die Zwangssymptome mindestens zwei Wochen lang jeweils mehrere Stunden am Tag vorkommen und von den Betroffenen als störend empfunden werden.

Eine Million Deutsche betroffen
Die Häufigkeit von Zwangsstörungen ist lange Zeit unterschätzt worden. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass 1 bis 2 Prozent der Deutschen Bevölkerung irgendwann im Leben unter ausgeprägten Zwängen leiden. Betroffen sind in etwa gleich viele Männer wie Frauen. Viele der Betroffenen haben sich bereits während der Kindheit zwanghaft verhalten. Bei 85 Prozent der Zwangserkrankten sind die Symptome vor dem 35. Lebensjahr voll ausgeprägt.

Gefangen in den eigenen Gedanken
Den Betroffenen ist zumindest zeitweilig die Unsinnigkeit ihres Denkens und Handelns bewusst. Trotzdem gelingt es ihnen nicht, sich aus der Gefangenschaft ihrer Zwangsgedanken und –handlungen, wie beispielsweise der wiederholten Kontrolle von elektrischen Geräten, Wasserhähnen oder Türschlössern zu befreien. Fatalerweise wird durch das Ausführen des Zwangsrituals der Zwang immer stärker und die Betroffenen erreichen immer schwerer ein Gefühl der Sicherheit.

Der Widerstand gegen die Zwangshandlungen bleibt oft erfolglos und führt lediglich zu schweren Schuld- und Schamgefühlen bei den Betroffenen. Sobald sie sich den Zwangshandlungen widersetzen, erleben sie verstärkt Angst und Spannungen. Diese erscheinen den Zwangskranken so unerträglich, dass sie wieder zu ihren Ritualen greifen. Zwangsstörungen sind deshalb für die Betroffenen mit einem großen Leidensdruck verbunden und schränken ihn zum Teil massiv in seinem normalen Leben ein.

Verschiedene Zwänge
Zu den häufigsten Zwangshandlungen zählen Wasch- und Reinigungszwänge sowie Kontrollzwänge. Weitere Formen sind Ordnungszwänge, Zählzwänge, Sammelzwänge oder Wiederholungszwänge.

Zwangsgedanken haben überwiegend sexuelle, aggressive beziehungsweise religiöse Inhalte oder beziehen sich auf Ordnung und die korrekte Ausführung bestimmter Tätigkeiten. Weitere Inhalte von Zwangsgedanken können starker Ekel vor körperlichen Ausscheidungen, Angst vor einer Infektion durch Schmutz und Keime sowie befürchtete Umweltzerstörungen sein. Zwanghafte Grübeleien können auch im Rahmen einer Depression auftreten.

Behandlung von Zwangserkrankungen
Noch vor einiger Zeit galten Zwangserkrankungen als nicht - oder zumindest nur sehr schwer - behandelbar. In den vergangenen Jahren wurden die Behandlungsmöglichkeiten für Zwangspatienten jedoch stark verbessert. Mittlerweile können die Zwangssymptome der meisten Betroffenen auf ein erträgliches Maß zurückgeschraubt werden. Vollständig geheilt werden jedoch nur die Wenigsten. Grundsätzlich können Zwangserkrankungen auf zwei verschiedene Arten behandelt werden - mit Medikamenten oder mit Hilfe einer Verhaltenstherapie.

Gute Erfolge bei der medikamentösen Behandlung von Zwangserkrankungen werden mit den so genannten selektiven "Serotonin-Wiederaufnahmehemmer" (SSRI) – einer bestimmten Gruppe der Antidepressiva - erzielt. Besonders bewährt haben sie sich dann, wenn die Betroffenen zusätzlich unter Depressionen oder Angstzuständen leiden. Serotonin ist ein körpereigener Botenstoff, der die Verbindung der einzelnen Nervenzellen im Gehirn sicherstellt. Die Wiederaufnahmehemmer helfen dabei, die bei den Zwangserkrankten gestörte Impulsweitergabe wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Die Verhaltenstherapie geht die Probleme der Betroffenen direkt an und versucht sie zu beseitigen. Langzeitstudien belegen, dass sich der Zustand von 75 Prozent der entsprechend behandelten Zwangserkrankten 2 bis 6 Jahre nach Ende der Verhaltenstherapie gebessert bis sehr gebessert hatten. Neben den Zwangssymptomen werden im Rahmen der Verhaltenstherapie auch darüber hinausgehende Probleme des Patienten durchgesprochen und bearbeitet – wie Versagensängste, soziale Ängste oder Hemmungen, negative Gefühle auszudrücken.

Quelle: Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.


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BeitragVerfasst: Montag 22. Mai 2006, 08:01 
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Zwänge haben viele Gesichter

Bei vielen psychischen und physischen Erkrankungen leiden die Betroffenen unter ähnlichen Symptomen. Anders bei den Zwangsstörungen. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Zwangsformen können so groß sein, dass die Betroffenen selbst nicht glauben, tatsächlich unter der gleichen Störung zu leiden.

Das Verbindende zwischen ihnen ist jedoch, dass sie alle in irgendeiner Form unkontrollierbare Gedanken und Impulse erleben. Auch die Anzahl der Symptome schwankt von Person zu Person: Während einige unter einem Zwang leiden, kämpfen andere gleich gegen eine ganze Reihe verschiedener Zwangsstörungen. Die häufigsten Formen werden nachfolgend kurz dargestellt, wobei die so genannten Reinigungs- und Waschzwänge den größten Anteil ausmachen.

Reinigungs- und Waschzwänge
Die Betroffenen verspüren panische Angst oder Ekel vor Schmutz, Bakterien, Viren sowie Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen. Das damit einhergehende Unbehagen führt zu ausgiebigen Wasch- und Reinigungsritualen. Dabei werden die Hände, der gesamte Körper, die Wohnung oder auch der verschmutzte Gegenstand stundenlang gereinigt und desinfiziert. Der Ablauf der Rituale ist genau festgelegt. Kommt es zu Unterbrechungen, so muss der Betroffene noch einmal von vorn beginnen.

Kontrollzwänge
Die zweitgrößte Gruppe der Zwangserkrankungen sind die so genannten Kontrollzwänge. In diesem Fall fürchten die Betroffenen, durch Unachtsamkeit und Versäumnisse eine Katastrophe auszulösen. Aus diesem Grund werden technische Haushaltsgeräte, Türen und Fenster sowie gerade gefahrene Strecken immer wieder kontrolliert. Aber auch nach dem wiederholten Überprüfen stellt sich bei dem Zwangserkrankten nicht das Gefühl ein, dass jetzt wirklich alles in Ordnung ist. Oft bitten die Betroffenen dann Familienangehörige oder Nachbarn, ihnen bei der Kontrolle zu helfen. Auf diese Weise können sie die Verantwortung abgeben und ihre Kontrollgänge schneller beenden.

Wiederhol- und Zählzwänge
Die so genannten Wiederholzwänge bringen den Betroffenen dazu, ganz alltägliche Handlungen - wie beispielsweise Zähne putzen oder das Bettzeug aufschütteln - immer eine bestimmte Anzahl lang zu wiederholen. Bei einem Nichteinhalten seiner Regeln befürchtete er, ihm selbst oder einer nahe stehenden Personen könnte etwas Schlimmes zustoßen. Bei Zählzwängen verspürt der Zwangskranke den Drang, bestimmte Dinge wie Bücher im Regal, Pflastersteine oder Badezimmerfliesen immer wieder zu zählen.

Sammelzwänge
Sammelzwängler haben Angst davor, aus Versehen etwas für sie Wertvolles oder Wichtiges wegzuwerfen. Dabei fällt es ihnen äußerst schwer, zwischen den für jeden Menschen wichtigen Erinnerungsstücken und wertlosem Müll zu unterscheiden. Viele sammeln darüber hinaus noch weggeworfene Gegenstände wie alte Autoteile oder kaputte Haushaltsgeräte, um sie "irgendwann mal" zu reparieren. In den Medien wird seit einiger Zeit verstärkt über die so genannten Messies berichtet. Die Betroffenen zeichnen sich durch das so genannte "Verwahrlosungssyndrom" aus. Ein großer Teil von ihnen leidet zudem unter Sammelzwängen.

Ordnungszwänge
Die Betroffenen haben sich sehr strengen Ordnungskriterien und -maßstäben unterworfen. Entsprechend viel Zeit verbringen sie täglich damit, ihre Ordnung penibel wieder herzustellen. So stellen sie beispielsweise die Konservendosen immer auf eine bestimmte Art und Weise ins Regal oder sie achten darauf, dass die Wäsche im Schrank exakt aufeinander liegt.

Zwanghafte Langsamkeit
Da die Zwangsrituale sehr viel Zeit verschlingen, verlangsamt jede Zwangsstörung das Leben der Betroffenen entsprechend. Bei einer kleinen Untergruppe ist jedoch die Langsamkeit selber das Problem. Sie benötigen Stunden für ganz alltägliche Handlungen wie essen oder anziehen. Beim Haarekämmen muss beispielsweise jedes Haar einzeln gebürstet werden. Kommt der Betroffene dabei durcheinander, so muss er wieder von vorne beginnen.

Zwangsgedanken ohne Zwangshandlungen
Aufdringliche Gedanken spielen bei den meisten Zwangserkrankungen eine zentrale Rolle. Bei einer Untergruppe der Betroffenen besteht der Zwang jedoch ausschließlich aus aufdringlichen Gedanken. Diese haben meist aggressive ("Ich könnte meine Frau schlagen"), sexuelle ("Ich könnte das Nachbarskind sexuell misshandeln" oder "Ich bin homosexuell") oder religiöse ("Ich könnte mich während des Gottesdienstes blasphemisch äußern") Inhalte. Die größte Angst der Betroffenen besteht darin, dass ihre Gedanken irgendwann Realität werden könnten. Tatsächlich ist bislang kein Fall bekannt geworden, wo ein Zwangskranker seine beängstigenden Zwangsgedanken in die Realität umgesetzt hat.

Quelle: Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.


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