Mit pflanzlicher Hilfe gegen Alkoholismus
Inhaltsstoff von Kudzu könnte Trinkern beim Entzug helfen
Ein bereits seit über 1.000 Jahren in der traditionellen chinesischen Medizin eingesetzter Pflanzenstoff könnte eine neue Waffe im Kampf gegen Alkoholismus werden: Eine synthetische Form des Wirkstoffs Daidzin, einer in der Kudzu-Pflanze enthaltenen Substanz, hat sich in vorklinischen Studien mit Nagetieren bereits bewährt, haben US-Forscher jetzt gezeigt. Die behandelten Tiere konsumierten weniger Alkohol, und die Rückfallgefahr wurde vermindert. Besonders vielversprechend: Anders als bei bisher verwendeten Wirkstoffen sind von Daidzin keine schwerwiegenden Nebenwirkungen bekannt.
Der Studienleiter Ivan Diamond hat sich zum Ziel gesetzt, ein neues Medikament auf Daidzin-Basis zu entwickeln, das Ärzte bei Alkoholismus und vielleicht auch bei anderen Suchtkrankheiten verschreiben können. Viele bisher verwendete Medikamente basieren auf dem Wirkstoff Disulfiram und haben massive Nebenwirkungen, welche laut der Studie bei Daidzin nicht auftraten. Zudem müsse das unrealistische Ziel einer kompletten Abstinenz für alle Alkoholkranken überdacht werden, lässt sich Diamond zitieren. Vielmehr sollten sie dahingehend therapiert werden, dass sie zwar noch Alkohol zu sich nehmen, aber nicht mehr in toxischen Mengen. Auch hier lassen die Eigenschaften des neuen Wirkstoffes hoffen, reduzieren sie doch das Verlangen nach Alkohol und damit die Gefahr eines Rausches.
Alkohol wird im Körper zu Acetaldehyd abgebaut, der anschließend vom Enzym Aldehyddehydrogenase (ALDH-2) in die für den Körper unproblematische Essigsäure überführt wird. Daidzin blockiert wie konventionelle Wirkstoffe ALDH-2, so dass der Alkohol nicht mehr vollständig abgebaut werden kann und sich das giftige Acetaldehyd anreichert. Im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen dockt Daidzin jedoch ausschließlich an der ALDH an, so dass es andere Stoffwechselvorgänge nicht beeinträchtigt. Genau darin bestehen die Nebenwirkungen des bisher oft verwendeten Wirkstoffs Disulfiram. Dieser stammt aus den 50er Jahren und würde laut Diamond heute nicht einmal mehr als Medikament zugelassen. Daidzin wirkt prinzipiell jedoch ähnlich wie Disulfiram: Es erhöht den Gehalt an Acetaldehyd im Blut, das für die unangenehmen Nebenerscheinungen des Trinkens wie Schwindel und Unwohlsein verantwortlich ist. Dieses Unwohlsein macht es Trinkern praktisch unmöglich, große Mengen Alkohol zu konsumieren.
Gleichzeitig verändert Daidzin den Dopamin-Spiegel im Gehirn und damit auch das Risiko, nach einer Abstinenzphase rückfällig zu werden: Der als Belohnungshormon bekannte Botenstoff wird im Gehirn von Suchtkranken in hohen Mengen ausgeschüttet, wenn sie ihre Droge einnehmen. Dafür sinkt der Dopaminspiegel bei Entzug drastisch. Dieses Auf und Ab, das das Verlangen nach der Droge steuert, wird von Daidzin abgefangen, konnten die Forscher zeigen. Sie wollen nun mit klinischen Tests beim Menschen beginnen. In der traditionellen chinesischen Medizin wird Daidzin schon lange verwendet. Es wird aus der Pflanze Kudzu oder Kopoubohne gewonnen. Das Kraut ist Botanikern unter dem Namen Pueraria lobata bekannt und verwandt mit Hülsenfrüchten und Klee. Es wurde aus Japan eingeschleppt und gedeiht in vielen europäischen Gärten.
Quelle: Ivan Diamond (Universität von Kalifornien, San Francisco) et al: Alcoholism: Clinical & Experimental Research
ddp/wissenschaft.de – Martina Bisculm
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Lache niemanden aus, der gerade drei Schritte rückwärts geht..... Er könnte grade Anlauf nehmen!
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