Offener Brief an die
Abteilung "Psychiatrie" der Schloßparkklinik Berlin-Charlottenburg
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schmoll,
sehr geehrter Herr Dr. Hardt,
sehr geehrter Herr Dr. Quitt,
ich war im Januar 2006 Patient bei Ihnen und wurde von Ihnen behandelt. Damals befand ich mich in einer akuten Krisensituation aufgrund einer posttraumatischen Belastung. Mein Zustand war kritisch und reichte von Depressivität bis hin zu suizidalen Zuständen.
Diesen Brief möchte ich zunächst mal nutzen um mich für Ihr Krisenmanagement zu bedanken, um das Positive vorweg zu nennen.
Ich habe mir im Nachhinein erlaubt, Ihre Seite noch einmal genau zu studieren und die Angaben dort mit dem zu vergleichen, was mit mir gemacht wurde.
So schreiben Sie zur ptBs:
"1. Entlastungs- und Planungsphase
Im stationären Setting soll zunächst eine Entlastung von den Sorgen und Verpflichtungen des Alltags erfolgen. Wir wollen den Patienten und sein Trauma kennen lernen und für ihn einen sicheren Ort schaffen, wo er mit seinen Schwierigkeiten akzeptiert wird. Im Gespräch mit dem Therapeuten wird der biographische Stellenwert der traumatischen Erfahrung erarbeitet. Die Therapieziele werden gemeinsam formuliert. Falls erforderlich, wird eine medikamentöse Behandlung begonnen.
2. Stabilisierung und Ressourcenaktivierung
Ziel ist es, dem Patienten zu einem innerlich stabilen Zustand zu verhelfen. Er lernt, seine Symptome besser zu kontrollieren. Hierzu dienen Entspannungstechniken, verhaltenstherapeutisch-übende oder kognitive Verfahren. Besonders wichtig ist es, den Zugang zu den eigenen Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten wieder zu eröffnen. Dies geschieht durch den gezielten Einsatz von Kreativtherapien (Musik-, Kunst-, Tanz- und Bewegungstherapie) und im therapeutischen Gespräch.
3. Exposition und Reattribution (fakultativ)
Für bestimmte Patienten hat es sich als hilfreich erwiesen, sich in therapeutisch geschützter Umgebung intensiv mit ihrer traumatischen Erfahrung auseinander zu setzen. Dies geschieht mittels erprobter therapeutischer Techniken. Voraussetzung für diesen - vorübergehend belastenden - Therapieschritt ist, dass der Patient gelernt hat, mit seinen bisherigen Symptomen konstruktiv umzugehen. Ziel einer solchen Expositionsbehandlung ist es, korrigierende emotionale Erfahrungen anzustoßen. Dies kann zu einer deutlichen Verbesserung des Befindens führen und zur positiven Veränderung im Selbsterleben.
4. Loslösung und Ausblick
Die Abschlussphase der Therapie dient dazu, das Erreichte in den Lebenskontext außerhalb der Klinik zu integrieren. Im therapeutischen Gespräch wird reflektiert, welche Veränderungen in der Sicht auf die traumatische Erfahrung eingetreten sind. Die ambulante Nachbehandlung wird geplant. Belastungserprobungen außerhalb der Klinik nehmen einen hohen Stellenwert ein. Hilfen bei der Planung konkreter Zukunftsschritte werden angeboten."
(original gefunden: http://www.schlosspark-klinik.de/site/1382.0.html )
So sollte eine Traumatherapie ablaufen und tut sie auch, wie ich inzwischen weiß.
Aber nicht in Ihrem Hause!!!
Sie behandeln alle Patienten erstmal medikamentös (was ja noch ok ist) und überlassen Sie größtenteils dann ihrem Schicksal. Denn wirklich therapeutisch wirksame Gespräche gibt es nicht und die Beschäftigungstherapien allein bewirken lange noch keine Heilung.
Was mich wirklich geärgert hat und auch immer noch ärgert, ist die Tatsache, dass ich schon nach relativ kurzer Behandlungsdauer gesagt habe, dass ich eine solche stationäre Therapie brauche und Sie sich konsequent geweigert haben, mich bei diesem Vorhaben zu unterstützen, sondern
Sie vielmehr angeraten haben, ich solle rausgehen, meine Ausbildung weitermachen und so tun, als wär nichts gewesen!
Ich bin heute froh, dass ich mein Ziel trotzdem konsequent verfolgt habe. Denn Ihre Argumente, die Sie ja selbst in Ihrem Entlassungsbericht noch vehement betont haben waren schlichtweg falsch!
1. Sie sagten, eine solche Therapie sei nicht sinnvoll, da sie mich in unkontrollierbarem Maße destabilisieren würde.
Da geb ich Ihnen recht, aber genau deshalb wollte ich sie stationär machen, denn dass es bearbeitet werden muss, stand für mich außer Frage.
2. Sie sagten, dass ca 85% der Patienten, die solch eine Therapie machen, nicht wieder aus Ihrer Opferrolle herauskommen und ein Leben lang darunter leiden.
Diese Prozentzahl - bei allem Respekt vor Ihrer Arbeit - ist schlichtweg frei erfunden!!!
Aktuelle Studien und auch ständig mit diesem Thema arbeitende Psychologen von anerkannten Beratungsstellen belegen genau das Gegenteil.
Ich habe mich dazu von der
Ich-Beratung in Hamburg ( http://www.ich-beratung.de ) und der Beratungsstelle "Tauwetter" für männliche Missbrauchsopfer in Berlin ( http://www.tauwetter.de ) beraten lassen und
möchte mich auch bei beiden Beratungsstellen noch einmal für die Betreuung während meiner Krise bedanken.
Es ist nämlich genau umgedreht: Menschen, die diese Therapie nicht machen, leben diese Opferrolle, meist unbewusst, ohne es zu merken!
Am meisten aber war
Herr Professor Dr. Münch, Chefarzt der Abteilung "Psychosomatik" der Brandenburg-Klinik in Bernau bei Berlin ( http://www.brandenburg-klinik.de/index. ... /index.htm ),über Ihre Aussagen erstaunt.
Dort nämlich habe ich diese Therapie gemacht und bin ihm und seinem Team zu großem Dank verpflichtet.
Er erzählt in seinen Ausführungen rund um die Psychosomatik, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen Psychiatrie und Psychosomatik ist und konnte sich nicht erklären, woher Ihre Erkenntnisse und Ansichten stammen.
Warum schreibe ich diesen Brief?
Um anderen Menschen in gleicher Lage, wie ich damals war, davor zu bewahren, wertvolle und sehr schwere Zeit zu verschenken, nur weil Sie auf Ihrem eisernen Prinzip verharren und lieber wollen, dass der Patient zu Ihnen zurückkehren muss, wenn er Ihrem Rat folgt.
Mit gleichem Wissen wie heute hätte ich mir fast drei Monate der Krise sparen können, indem ich kurzzeitig zur Krisenintervention in eine Klinik gegangen wäre, die dann das Vorhaben Traumatherapie unterstützt hätte.
Ich habe diese Therapie hinter mir und fühle mich so gut, wie lange nicht mehr. Ich durfte diese Krise trocken überstehen (ich bin Alkoholiker, wie Sie wissen) und habe Rüstzeug bekommen, was mir hilft, mit dieser meiner Vergangenheit umzugehen. Jetzt bin ich in der Lage, dieses Thema ambulant zu verarbeiten, ohne daran zu zerbrechen.
Ich möchte keine Entschuldigung für Ihre Fehlentscheidung, aber ich bitte Sie inständig, Ihre Meinung in diesem Punkt zu überdenken und nachfolgenden Patienten in Zukunft die Chance zu geben, diesen Weg auch mit Ihrer Unterstützung zu gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Knelke
Berlin, den 19.08.2006