wir hatten ja lange schon versprochen, von unserem klinikaufenthalt in freiburg zu berichten, hat nun lange genug gedauert *schäm*
hier der erste teil unseres erfahrungsberichtes mit allgemeinen infos zur klinik und zur station.
Erfahrungen in der Uniklinik Freiburg
Station 8- “Borderline-Station”
Wir wollen zu Anfang noch einiges Anmerken:
Ich war in Freiburg damals noch mit der Diagnose Borderline, allerdings war bekannt dass ich unter ständigen Zeitverlusten und Dissoziationen litt. Ich schreibe teilweise in der Mehrzahl, da viele Dinge der Thera uns alle betreffen. Geglaubt dass ich viele bin hat mir allerdings niemand, in Freiburg lehnten sie diese Diagnose generell als Hirngespinst ab.
Der Bericht gibt unsere persönlichen Meinungen und Erfahrungen wieder, jemand anders kann dies völlig anders empfinden.
Die Station
Die Station hat ausschließlich Doppelzimmer, was wir schon als Katastrophe empfanden. Ein Zimmer wird nur mit einer Patientin belegt, da das andere Bett als Krisenbett freigehalten wird, ist aber Zufall wenn man dieses Zimmer erwischt.
Wir hatten das Problem, das unsere erste Zimmernachbarin uns massivst getriggert hat. Wir haben das auch angesprochen beim Personal, bekamen aber nur zur Antwort, dass Zimmertauschen prinzipiell nicht möglich ist.
Die Station ist gemischt, es gibt also auch Männer, allerdings nicht in der DBT-Gruppe. Meist sind es nicht mehr als sechs oder sieben Borderline-Patientinnen auf Station, der Rest sind andere Störungsbilder wie Angst, Depressionen etc.
Empfanden wir persönlich als gut, weil man sich nicht den ganzen Tag nur um seine störungsspezifischen Symptome dreht, hat das ganze etwas aufgelockert, der Umgang untereinander war ok, wird vom Personal auch drauf geachtet, dass niemand gemobbt, ausgegrenzt wird etc.
Die Station an sich ist sieht schon ziemlich nach Psychiatrie aus für unser Empfinden. Helle Wände, blauer Linoleumboden, ein Speiseraum der gleichzeitig auch Aufenthaltsraum ist. Keine Sitzecken, es gibt dort nur die Stühle die an den Tischen stehen. Zum Fernsehen etc sehr sehr ungemütlich, wir fühlten uns nicht wohl dort.
Es gibt zwei kleine Duschen, die wir wegen Angst vor der Enge nicht nutzen konnten, und eine große Dusche im Bad. Dort gibt’s eine Badewanne und eine Toilette für Behinderte. Ansonsten zwei Toiletten auf Station, kein Bad im Zimmer, nur ein Waschbecken, und auch nicht in einem abgetrennten Raum, sondern nur durch einen Vorhang vom Zimmer getrennt. Was das nächste Prob für uns war, vor Vorhängen haben wir Angst und umziehen können wir uns nicht in Gegenwart anderer, mussten also immer ins Bad rennen.
Die Ausstattung der Zimmer ist normal, Betten aus Holz immerhin, nicht die ganz typischen Krankenhausbetten, eine Klasse besser in etwa.
Ein Tisch mit zwei Stühlen, über jedem Bett gibt’s eine Pinnwand für persönliche Bilder. Für jeden ein Einbauschrank, das wars dann auch schon.
Es gibt außer dem Aufenthaltsraum noch einen zweiten Raum, eine Art kleinen Gruppenraum, dort stehen noch mal einige Stühle und ein Ergometer-Fahrrad. Dann gibt’s ein Arztzimmer und eine Küche mit einem Tisch für vier Personen. Es gibt einen Kaffee- und Heißwasserautomaten für Tee, Teebeutel sind auf Station vorhanden.
Ein Kühlschrank, ein Herd mit Ofen, der aber soweit ich mich erinnere von der Station angeschaltet werden muss.
Im Kühlschrank kann man eigene Lebensmittel deponieren, kommt aber immer mal was weg, wie überall in solchen Einrichtungen.
Das hauptsächliche Stationsleben spielte sich zu unserer Zeit dort in der Küche ab, da der Aufenthaltsraum noch ungemütlicher war.
Ganz schlecht fanden wir, dass es im Haus keine Möglichkeit gibt, Wäsche zu waschen, man muss in einen Waschsalon gehen der ca 15 min zu Fuß entfernt ist. Nicht wirklich schön, die Taschen dorthin zu schleppen, wir fanden dass war echt das letzte!
Es gibt keinen Raucherraum, zum Rauchen muss man in den Raucherpavillon gehen, vorm Haupteingang ist es offiziell nicht erlaubt. Abends um zwölf wird die Station abgeschlossen, auch so ne Sache, mit der wir nicht klarkamen. Erstens kann man dann nicht rauchen gehen, und überhaupt eingeschlossen zu werden war für uns ganz heftig.
Es gibt auf Station die Regelung, dass nicht über Traumata, Su*zidgedanken und geplantes SVV zu sprechen, um andere Patienten nicht zu triggern, was wir sehr sinnvoll finden. Es wird erwartet, dass man solche Verhaltensweisen bei anderen Patienten meldet, was wir als petzen empfanden. Es ist aber ok, drauf hinzuweisen, meist hat das auch funktioniert in unserer Gruppe dort. Traumata haben ausschließlich Platz im Einzelgespräch und dort nicht wirklich viel. In Freiburg vertreten sie krass die Meinung, die Dinge zu deckeln und mit den Folgen umzugehen, ohne die Ursachen zu beheben. Ich denke heute, es ist für viele, die nicht ausreichend stabil sind um Dinge aufzuarbeiten, eine Möglichkeit, erstmal im Alltag klarzukommen. Aber eine Dauerlösung ist es für uns nicht, dass muss aber jede für sich individuelle entscheiden und ausprobieren. Wir hatten unseren Thera gefragt was er von einer späteren Traumathera hält, und er lehnte das kategorisch ab. Ist wohl Einstellungssache, er fand uns wohl auch zu instabil.
Ausgangsregelungen
Die Ausgangsregelungen sind soweit ok, es gibt verschiedene Ausgänge, mit Mitpatienten, auf dem Gelände und freier Ausgang.. oder so ähnlich halt, einiges weiß ich selbst einfach nicht mehr da ich nicht immer im außen war.
Am Tag der Ankunft hatte man nur Ausgang mit Mitpatienten auf dem Gelände, war aber echt nur am ersten Tag. Ansonsten bekommt man dann freien Ausgang wenn nichts dagegen spricht, wir bekamen aber schnell wieder nur Geländeausgang weil welche von uns sich ständig verliefen und sonst wo landeten. Das half natürlich nichts, weil ich auf diese Innenpersonen, die dann woanders landeten, sowieso keinen Einfluss hatte, aber das ist ein eigenes Thema, auf das ich noch eingehen werde.
Es gibt am Stationseingang ein Buch in dass man sich einträgt wohin man geht mit Uhrzeit und so und auch vermerkt wenn man zurück ist.
Es gibt auch die Möglichkeit am Wochenende nach Hause zu fahren über Nacht, aber wie oft in den drei Monaten weiß nicht, weil uns das nicht betraf, war zu weit für uns zum nach Hause fahren.
Das Essen
Gegessen wird auf Station, der Essenwagen wird gebracht, wie im Krankenhaus eben.
Frühstück war ok, da kann man ja auch nichts falsch machen :=
Mittags hat man die Wahl zwischen Vollkost, Schonkost oder vegetarisch… oder so ähnlich, wir haben das Mittagessen vom ersten Tag an verweigert weil wir das nicht runtergekommen dieses Großküchenessen. Man sollte es nicht an die große Glocke hängen wenn man nicht isst dort, sondern brav die Karte ausfüllen und es einfach zurückgehen lassen. Die wollten uns wegen dem Essen ständig den Stempel ess-gestört aufdrücken, dabei lag es da nun echt nur dran dass wir es nicht mochten.
Das Abendbrot war auch nicht so toll, das Brot war eingeschweißt in Folie und nie wirklich frisch.
Schräg gegenüber der Klinik bei der Straßenbahnhaltestelle gibt’s nen guten Imbiss:)
Tagesablauf
Mit Aufstehen nehmen die das sehr genau, es wird nicht geweckt aber sie erwarten schon dass man pünktlich wach ist am Frühstück teilnimmt etc. Wir haben uns immer von Mitpatientinnen wecken lassen, weil wir sonst nur verschlafen hätten, die Therapie ist mega-anstrengend.
Nach dem Frühstück ist Frühsport, keine Chance sich zu drücken davor. Es gibt “schnellen” und “langsamen” Sport, für diejenigen, die weniger fit sind. Der langsame Sport ist soweit okay, aber Sport ist es halt doch:(
Aber vor Erschöpfung umkippen wird keiner dort, denken wir, wir habens auch überstanden und wir hatten damals fast hundert Kilo Lebendgewicht.
Im Laufe des Tages folgen die unterschiedlichen Therapien, ich werde jede gesondert beschreiben hier soll nur ein grober Überblick über die Dinge sein die sich am Tag wiederholen.
Mittagessen, je nach Therapie hat man kaum Mittagspause aber die sehen einen nicht gerne im Bet liegen, dauernd haben sie uns rausgescheucht. Dabei hatte das Personal noch ein recht großes Einsehen mit uns, da wir damals noch sehr viel Medis bekamen und allein deshalb sehr müde waren immer.
Einmal in der Woche (oder zweimal??? Weiß ich mal wieder nicht…) ist Visite, findet im Zimmer statt, geht relativ schnell und ist soweit ok. Visite ist nie angenehm, weil da immer viele Leute das Zimmer stürmen, aber wir konnten uns damit arrangieren.
Abends geht dann das große Schlangestehen vorm Stationszimmer los, die Borderline- Patienntinnen müssen ihre Spannungsprotokolle beim Personal vorzeigen, die Situationen werden kurz besprochen. Fanden wir immer extrem nervig, besonders das Warten bis die anderen durch sind damit.
Die Wochenenden sind Therapiefrei und zur freien Verfügung.
Es gibt die Möglichkeit in der Sporthalle Federball oder so zu spielen man kann sich den Schlüssel geben lassen. In der Klinik selbst gibt’s ansonsten keinerlei Freizeitmöglichkeiten es ist einfach nur eine Klinik ohne Schnickschnack. Es gibt einen recht schönen Park, ansonsten ist fast direkt vor der Klinik eine Straßenbahnhaltestelle, Freiburg als Stadt ist echt klasse, finden wir. Gibt schöne Cafés und Kneipen und nen echt riesigen prima Buchladen:))))
Das Personal
Beim Personal kommts natürlich sehr auf die “Chemie” an, es sind nur unsere persönlichen Empfindungen, wie alles in diesem Bericht.
Man hat eine Bezugspflege mit der man wöchentlich zwei mal eine Stunde Termin hat (glaub ich dass das so war…)
Und eine zweite Bezugspflege, wenn die andere nicht da ist.
Bei allgemeinen Dingen sind alle im Dienstzimmer ansprechbar, aber Dinge, die die Therapie betreffen werden mit der Bezugspflege erarbeitet und besprochen. Die Bezugsschwestern/Pfleger sind sehr in die Thera mit eingebunden, was wir gut fanden, das sie somit wissen, worum es sich gerade dreht bei den verschieden Patientinnen.
Das Team an sich haben wir meistens als stimmig erlebt, sie haben eine relativ klare Linie und sind sich meist einig.
Menschlich waren leider nur zwei Schwestern dabei, mit denen wir halbwegs klarkamen, unsere beiden Bezugspflegen mochten wir nicht sonderlich.
Ich persönlich empfand die Schwestern und Pfleger als kalt und gefühllos, ich fühlte mich unerwünscht und fehl am Platz. Viele andere Mitpatientinnen haben das allerdings ganz anders erlebt.
Sie setzen sehr auf Eigenverantwortung und schicken einen auch schon mal weg, wenn man zu oft dort ankommt. Bei uns wars am Anfang so dass wir überhaupt keinen Kontakt zum Personal wollten, dann sagten sie wir sollen uns öfter melden, was einige dann auch taten… und dann hieß es wir sollen nicht dauernd mit jedem Pups ankommen, sondern uns alleine helfen lernen.
Das hat uns so sehr verunsichert dass wir nicht mehr hingegangen bin und ich auch nicht über meine Dinge gesprochen hab die mich beschäftigten.
Der einzige, den ich echt mochte war unser Therapeut, und die Körpertherapeutin.
Den Therapeuten fanden wir auf seinem Gebiet, also Verhaltensthera, kompetent. Allerdings hat er vehement über unser Viele-sein hinweggesehen, wir hatten damals noch keine offizielle Diagnose, nur den Verdacht darauf, aber er vertrat die Meinung, es gibt keine DIS, es gäbe wohl Dissoziationen, aber sie seien nur ein BL-Symptom und man müsse dagegen ankämpfen. Eigene Persönlichkeiten seien sie nicht.
Es gab dann gegen Ende der Thera einen sehr unschönen Vorfall unsererseits, als jemand von uns durch einen Trigger die Kontrolle verlor und gewaltätig wurde, allerdings außerhalb der Klinik.
Ich hatte das beim Vorgespräch erwähnt, dass ich an solchen Situationen dringend arbeiten möchte, weil sie mich sehr belasten und ich auch nicht wusste woher sie kommen.
Scheinbar hat mir keiner geglaubt, denn als es tatsächlich passierte, guckten alle blöd, waren ratlos und schickten mich einen tag ins “Time-Out” (Erklärung folgt).
Normalerweise erfolgt auf Anwendung von Gewalt sofortige Entlassung, wir durften bleiben und bekamen von unserem Thera zu hören dass “man das übersehen hatte, dieses Thema zu bearbeiten”.
Umgang mit SVV
Zum Umgang mit SVV lässt sich sagen, es zu melden ist Pflicht, aber sie sehen Dinge als SVV die wir echt etwas übertrieben finden, wenn wir uns nen Pickel aufgekratzt hatten mussten wir Verhaltensanalyse schreiben, da waren die überpenibel. Muss eine Verletzung am Tag behandelt werden, wird das in der Hautklinik nebenan gemacht, mit laaaaangen Wartezeiten. Abends wird man mit Taxi losgeschickt zur Chirurgie, da darf man dann aber eine Mitpatientin mitnehmen.
Das wars fürs erste zum allgemeineren Teil, wir schreiben gerade am zweiten Teil, der sich um die verschiedenen Therapien etc drehen wird, aber das dauert noch etwas. Inzwischen dürft ihr klar gerne fragen wenn ihr wollt.
die irrlichter
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