sunflowerproject

Huhu,
ich mach hier jetzt einfach mal den Anfang
Ich hab mit 15 begonnen zu kiffen und Alkohol zu trinken. Mit 16 tauschte ich den Alkohol gegen Speed und Kokain, wo ich dann auch eine Weile blieb. Ich hab mit meinem damaligen Freund in Holland große Mengen gekauft über die Grenze geschmuggelt und hier in Deutschland dann gestreckt und weiterverkauft. Mit 19 haben mich meine Eltern nachdem ich auf Kokain völlig ausgerastet bin, in die Psychiatrie einweisen lassen und darauf folgten eine 4-jährige Cleanphase in der ich hin und wieder mal zu Haschisch und Alkohol griff.
Als mein Sohn geboren wurde, bekam ich immer wieder Stress mit meinem Freund und Vater des Kindes. Die Trennung war überfällig und ich war, wie immer völlig unfähig mich von ihm zu lösen. In dem ganzen Stress habe ich begonnen mir von meinem Psychiater Valium und Tramal verschreiben zu lassen und kiffte dazu. Im Januar 2009 zog ich mit meinem Sohn ins Mutter-Kind-Haus und verließ den Mann.
Im April 2009 lernte ich den Vater meiner Tochter kennen, der im Methadonprogramm war. Ich überredete ihn mir was abzugeben und kickte von da an immer mehr auf Opiaten ab. Am 22.06.09 kam ich zum ersten Mal mit Heroin in Kontakt und für mich war es ein Gefühl der absoluten Ruhe und von zuhauseangekommensein. Ich bin oft gefragt worden, wie sich das anfühlt. Es ist warm, es ist weich, man ist wunderbar glücklich und alle Probleme (und zu dem Zeitpunkt hatte ich vieeele) sind völlig nebensächlich.
Mein Sohn war in eine Pflegefamilie gekommen, wo er auch heute noch lebt.
Ich konsumierte hin und wieder Heroin und Methadon, bis mein damaliger Freund mich kurz vor Weihnachten 2009 beinahe im Rausch umgebracht hat, weil er ausgeflippt ist.
Wir haben Silvester 2009/10 gemeinsam im Rausch mit einer Waffe eine Spielothek überfallen und ich wurde erst mal in Frankfurt in U-Haft gesteckt, die Anklage wurde gegen mich fallengelassen, mangels an Beweisen. Allerdings hatte ich im Knast Zeit mich zu sammeln und wurde im Substitutionsprogramm aufgenommen.
Wir wurden wiederholt straffällig und als ich eine Woche bei meiner Mutter war um vom Heroin runterzukommen, was natürlich nicht funktioniert hat, in Bonn gibt es auch eine Scene, kam ich nach Hause und mein damaliger Freund meinte ich muss zum Arzt irgendwas würde nicht mit mir stimmen, also ging ich zum Frauenarzt, weil er irgendwie realisiert hatte, was ich in meinem permanenten Dauerzustand nicht mehr realisiert hatte. Der Frauenarzt hat mich auch schon so merkwürdig angeschaut und das Ergebnis war dann, dass ich in der 18. Woche schwanger war und das ich im Juli 2010 eine Tochter bekommen werde. Ich legte dann auch gleich die Karten auf den Tisch, dass ich abhängig wäre und der Arzt schlug dann vor, dass ich bis zur Geburt substituiert bleibe, damit das Ungeborene keine Entzugserscheinungen bekäme. Gesagt, getan.

Am 29.04.10 wurde mein Freund inhaftiert und ich begann mal endlich zu denken, nach insgesamt 4 Überdosen, 6maliger Wiederbelebung und 4 Minuten klinisch tot (das war noch vor der Schwangerschaft) und bin dann substituiert auf die Übergangseinrichtung gegangen, wo ich nach der Geburt entgiftet habe. Meiner Tochter ging es nach der Geburt gut. Obwohl sie sehr viel mitbekommen hat, hielt es sich wirklich in Grenzen, nach 10 Tagen durfte ich sie mit in die Übergangseinrichtung nehmen.
Am 1.11.10 begann ich meine Langzeittherapie in der Villa Lilly, wo ich bis 30.03 blieb. Das Gericht hat mich zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, ausgesetzt mit vielen Auflagen auf 4 Jahre Bewährungszeit.

Meine Therapie habe ich regulär abgeschlossen ich bin zur Zeit mit meiner Tochter in einer betreuten Wohngemeinschaft in der Nähe von Limburg.
Seit dem 28.07.10 habe ich keine Drogen genommen und keinen Tropfen Alkohol getrunken.


Vielleicht sind gleichgesinnte hier. Ich weiß, dass Heroin das geilste Gefühl der Welt ist und ich trauer dieser wohlig, warmen Watte sehr oft hinterher. Aber es ist die ganze Scheiße einfach nicht wert. Ich kann nur jedem Mut machen, es immer und immer wieder zu versuchen.
Jetzt hab ich das nächste große Abenteuer vor, ich werde wenn alles glatt geht im September 2011 nach Paraguay gehen und versuchen da Fuß zu fassen :-)
So am anderen Ende der Welt :-)

Hey Salva-Mea,

mein Gott, du hast ja echt ne ganz schöne Karriere hingelegt. Gibt es einen Grund, warum du nach Südamerika gehen willst? Ich für meinen Teil kann es mir ja mal gar nicht vorstellen. Erstens spreche ich kein Spanisch und Zweitens stelle ich es mir ziemlich schwierig vor ein einem anderen Land mit komplett anderer Mentalität klar zu kommen. Ich weiß nur, was ich hier durchs Radio erfahre, und da kommt dann immer wieder zum Vorschein, dass man sich doch ziemlich umstellen muss, weil die Abläufe dort komplett anders sind, als hier in Deutschland. Mal ganz zu schweigen von der medizinischen Versorgung. Ich persönlich frage ich ja schon, wie ich einem Arzt allein auf Englisch klar machen sollte, wo es bei mir harkt. Mal abgesehen das wir hier alle einen psychischen Knacks haben und mehr oder weniger psychologische Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Das ganze dann auch noch in einer Fremdsprache ist für mich der Horror. Da kann ich mich ja gar nicht mehr ausdrücken. Es fehlen mir die sprachlichen Nuancen, die ich im Deutschen habe.

Hallo Chrissi,
zuersteinmal möchte ich Dir für Dein Vertrauen danken, deinen Weg mit uns zu teilen.
Du hast ja echt einiges hinter Dir.
Ich finde es stark und mutig, dass Du dennoch einen anderen Weg eingeschlagen hast und durch die Therapien gegangen bist. Es ist ein harter Kampf von den Drogen loszukommen. Das ist mir klar. Aber schau in die Augen Deiner süssen Tochter, und Du weisst, wofür Du es tust, und wofür es sich lohnt zu kämpfen! Mal davon abgesehen, dass es sich auch für Dich persönlich lohnt!
Ich nehme mal an September 2011 ist ein Tippfehler und muss 2012 heissen, oder? Sonst wärst ja schon längst ewig weit weg...
Ich freue mich sehr für Dich, dass Du so grosse Pläne hast und drücke Dir feste die Daumen für Dein Vorhaben.
Wenngleich ich auch die gleichen Gedanken habe wie Kerbi und es mir sehr sehr schwierig vorstelle hier aus Deinem ja doch sehr behüteten Umfeld im betreuten Wohnen raus in ein fremdes Land mit Sprachbarriere und ganz und gar anderen geflogenheiten.
Aber wer weiss. Wie heisst es so schön? Man wächst mit seinen Aufgaben!
Vielleicht ist genau das der richtige Weg für Dich. Vielleicht ist genau das die Herausforderung, die du brauchst!
ICh wünsch Dir von Herzen, dass sich Deine Pläne so entwickeln, wie Du es Dir vorstellst.
fühl Dich gedrückt, Du Liebe...


Ela

Also Südamerika... Also ich muss den ganz naiven Grund vorschieben, dass es eigentlich kam, weil mein Freund dahingegangen ist und probiert da beruflich grade Fuss zu fassen.
Das mit der Sprache...Naja, die wohnen da in einer deutschen Kolonie und so schlecht ist mein Spanisch nicht, ich hatte 6 Jahre in der Schule. Also das ist nicht so das Problem...
Ich hab einfach die Hoffnung, dass ich von meiner verbrannten Erde runterkomme, die ich hier hinterlassen habe, an allen Ecken und Enden. Es ist warm, es sind andere Leute. Ich war mit 15 auf einem Schüleraustausch in Buenos Aires und da bin ich prima zurecht gekommen, dass ist anfangs eine Umstellung, aber hier zu gehen nächstes Jahr fühlt sich einfach im Moment richtig an.
Sind auch nur Pläne grade, nichts was in Stein gemeißelt wurde....

Ein harter Steiniger Weg jedoch das Ziel erreicht und das ist finde ich eine prima Leistung! Ich wünsche dir für dein weiteren weg viel kraft und durchhaltevermögen!
Für deine Pläne viel Mut und erfolg. Ich stell es mir interessant vor in ein anderes land zu gehen aber ob ich diesen schritt selbst wagen würde weiss ich nicht.

alleine das es sich gut anfühlt gerade diese Pläne zu schmieden ist ja schon doll viel wert und gibt ja auch Kraft!

Oh Chrissi, das ist wirklich ein anstrengendes Leben, welches Du Dir da zurechtgebastelt hattest, aber ich freue mich riesig, dass dein Verstand eingesetzt aht und du die kurve gekriegt hast. Du kannst sowas von stolz auf Dich sein, denn es ist wahrlich eine große Leistung, da auszusteigen. Auch finde ich, Du machst es super mit Deiner kleinen Maus. Sie wird irgendwann sicher sagen, sie hat eine tolle Mama. Ich umärmel Dich ganz lieb und total ehrlich, weil ich mich so für Dich freue.
GlG Iche

Hallo ihr Lieben,
erst mal freu ich mich über soviele positive Rückmeldungen. Es hat sehr lange gedauert und ich musste, verbal sehr flach ausgedrückt, jede Menge Scheiße fressen, bis ich endlich satt war. Jetzt ist es auch manchmal wahnsinnig schwierig standhaft zu bleiben, aber ich vertraue einfach blind darauf, dass ich die Kraft habe allem zu entsagen. Was bleibt mir auch anderes übrig als nur mir selbst zu vertrauen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass hört sich auch merkwürdig an, dass Heroin mir in dem Punkt geholfen hat, meine Gefühle zu ordnen und innerlich zu reifen. Es war das erste Mal, dass ich bewusst Gefühle hatte und diese auch benennen konnte und auf diese Erfahrungen und Gedankengänge die ich in meinen vieeeelen Räuschen hatte, greife ich immer mal wieder zurück, wenn ich dabei bin mich mal wieder selbst zu überholen, das ist ja meine Spezialdisziplin.

Ich bin fleißig am Pläne schmieden :-) Vor mir liegt noch mehr oder weniger das ganze Leben und stell immer wieder fest, dass es die richtige Entscheidung war, dass ich zu jung zum Sterben bin.

Die Folgen der Sucht, vor allen Dingen die des intravenösen Konsums sind zahlreich. Ich kämpfe immer noch mit einem Abzess in der Leiste, der zwar ausgetrocknet ist, aber sobald ich einen Infekt kriege sich immer wieder entzündet.
Außerdem kämpfe ich immer wieder mit Herzklappen- und Herzmuskelentzündungen, aber ich habe wirklich Hoffnung, dass das auch bald aufhört. Ich hab mir ja lange genug geschadet, jetzt braucht der Körper natürlich Zeit, sich davon wieder zu erholen.

Hallo Chrissi,
ja, leider ist es oft so dass man seine eigenen Erfahrungen machen muss, um dann einen gradlinigen und für einen selbst förderlichen und gesunden Weg einzuschlagen.
In gewisser Weise haben wir das wohl alle müssen.
Jeder auf seine Art, der eine mehr, der andere weniger.
Und ich bewundere JEDEN, der es schafft aus seinen Erfahungen Schlüsse zu ziehen, die einen weiterbringen.
Dass Du gesundheitlich unter Deinen Lernprozessen immernoch Probleme hast tut mir leid!
ICh drücke Dir die Daumen, dass es stetig besser wird, und Dein Körper sich Stück für Stück erholt...
Alles Liebe,
Ela

Huhu liebe Ela :-)
Ja, ich denke schon das es immer besser werden wird, wenn es der Seele gut geht, dann zieht der Körper bestimmt nach :-)
So ist das eben, was man ausfrisst, muss man auch ausbaden, wer A sagt muss auch B sagen, oder wie man es auch immer nennen könnte.
Als ich konsumiert habe, war mir das egal mit den Folgeschäden, ich war eh der Meinung, dass ich den Sommer 2010 auf keinen Fall überleben würde. Wenn mein Mädchen nicht gewesen wäre hätte ich es auch nicht, aber sie hat mir die Kraft gegeben mich nicht dem Heroin zu ergeben sondern einfach nochmal den Kampf aufzunehmen und zu schauen ob es nicht was anderes gibt, wofür es sich zu leben lohnt. Meine Tochter ist das Beste, was mir je in meinem Leben passiert ist... :-)
Mein kleiner Sonnenkäfer, der mich jeden morgen mit seinem Kampfgekicher weckt und die ich immer anbrummel *g*
Ich liebe sie einfach :-) Sie hat sich in mein Herz geschlichen und ich geb sie nie wieder her :-)

Huhu Chrissi,
ja, das stimmt. Die Kleinen schleichen sich so schnell ins Herz und füllen es mit ganz viel Wärme.
Geniesse es. Es ist das Grösste, was man erleben kann!
Und in gewisser Weise bleibt das auch, obwohl es manchmal durch leichte Gereiztheit und Genervtheit ersetzt wird, wenn sie denn so in der Pubertät sind.
Aber der Mutterstolz bleibt :)
Eine Thera hat mir mal mühsam beigebracht zu meinen Kindern auch mal "kleine Kraft- und Blutsaugerchen" sagen zu dürfen...
Wünsche Euch ganz viele wundervolle Momente zusammen...

alles Liebe,
Ela