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 Betreff des Beitrags: Asperger-Syndrom
BeitragVerfasst: Sonntag 3. Dezember 2006, 14:49 
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Asperger-Syndrom

© DIE ZEIT 26.08.2004 Nr.36

Wenn das Denken einsam macht
Das Asperger-Syndrom, eine Variante des Autismus, ist bei Kindern schwer zu erkennen. Dabei könnte eine frühe Therapie die Patienten aus der Isolation befreien Von Jörgen Lang

Von Geschichten hört Max* am liebsten den Anfang. »Noch mal von vorn«, ruft er, auch wenn die Handlung noch gar nicht zu Ende ist. Der Weg ist das Ziel: Mit starrem Blick reißt Max seine kunstvoll aufgeschichteten Bauklötze ein, ordnet sie von Neuem und zerstört sie wieder. Aber wehe, wenn seine kleine Schwester Anna* die scheinbare Unordnung durcheinander bringt. Dann kreischt er in schrillen Tönen, und sein Gesicht verzerrt sich. Noch schlimmer ist es, wenn die Eltern seinen Rhythmus stören: wenn sie morgens die Haustür aufschließen, obwohl das seine Aufgabe ist; wenn sie ihm den Pullover überziehen, obwohl erst die Hose dran wäre; wenn sie ihm Margarine aufs Brot schmieren, obwohl er »Marmelade ohne« haben wollte. Dann weint Max, zittert am ganzen Körper, lässt sich kaum trösten.

Lange Zeit dachten die Eltern, ihr Sohn sei »hypersensibel«. Doch dann äußerte der Kinderarzt einen Verdacht, den jetzt ein Spezialist bestätigte: »Er lebt ein bisschen in seiner eigenen Welt.« Max leidet am Asperger-Syndrom, einer besonderen Form des Autismus (siehe Kasten). Typisch für die betroffenen Menschen ist, dass sie nahezu unfähig sind, Freundschaften zu schließen; Gestik und Mimik sind eingeschränkt, ihre Bewegungen ungelenk; sie reagieren mit Wutanfällen auf kleinste Veränderungen in der täglichen Routine. So wie Legastheniker wegen ihrer Leseschwäche mit dem Alphabet kämpfen, sind Menschen mit dem Asperger-Syndrom nicht in der Lage, soziale Zeichen für Ablehnung oder Sympathie zu verstehen.

Der englische Psychologe Tony Attwood nennt das »Gedankenblindheit« und erklärt, warum die Betroffenen lieber Sachbücher als Romane lesen: Sachbücher setzen weitaus weniger »Verständnis für Menschen und ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen« voraus. Dabei fallen Asperger schon im Kindesalter mit ungemein korrekter, fast pedantischer Sprache und mit einem außergewöhnlichen Wortschatz auf, den sie aber nicht zum Dialog und zur Kommunikation nutzen. Hinzu kommen bisweilen motorische Unruhe und Probleme mit der Reizverarbeitung: Sie sind überempfindlich bei Berührungen. Geruchssinn und Hörvermögen sind so gesteigert, dass es zu Panikanfällen kommen kann.

»Du gehst nicht mehr an meine Sachen«, weist Max seine zweijährige Schwester an, »das musst du akzeptieren.« Solche Kommentare hat er auch für seine Eltern parat: »Du bist mir ein schlechtes Vorbild!« Dabei vollzieht Max für sich stets dieselben Rituale, spielt dieselben stereotypen Spiele: »Landschaften« bauen, Autos und Züge steuern oder »parken«. »Ich kann euch etwas über Bahnhofshallen erzählen«, ruft er aufgeregt hüpfend, als er Kindern von Bekannten sein neues Eisenbahnbuch zeigt. Doch seine Begeisterung stößt auf wenig Gegenliebe. Minuten später hockt der Vierjährige wieder allein neben dem Sandkasten. Bei großer Aufregung wedelt er mit den Händen. Dazu macht er unentwegt Geräusche. Doch zwischen irrwitzigen Wortschöpfungen verbirgt sich manchmal überraschend eine ungewöhnliche Erkenntnis: »Mama, manchmal ist das Leben so schwierig für mich.«

Es ist unklar, wo »normales« Verhalten aufhört und Autismus beginnt. »Rainman«, im Film verkörpert durch Dustin Hoffman, erscheint als Querschnitt all dessen, was sich die Öffentlichkeit unter einem Autisten vorstellt: ein tapsig-rührender Mensch zwischen Abkapselung und Hochbegabung. Doch was ist mit den »anderen« Autisten, die nicht ins Auge fallen? Helmut Remschmidt ist Direktor der Marburger Universitäts-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Auf dem Weltkongress für Kinder- und Jugendpsychiatrie (IACAPAP), der in dieser Woche unter seiner Leitung in Berlin stattgefunden hat, hat er diese Spielart des Autismus zum Gegenstand eines Symposiums gemacht. In der Wissenschaft sorge das Syndrom derzeit für viel Gesprächsstoff, sagt der Mediziner und bestätigt aus eigener Anschauung, dass es sich dabei keineswegs um eine neue Modeerkrankung handelt. »Einer meiner ersten Patienten war ein Asperger«, erinnert er sich. »Das war 1968.« Schon damals sei dieses Phänomen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bekannt gewesen, nur nicht unter dem heutigen Namen. Benannt wurde es nach dem österreichischen Kinderarzt Hans Asperger, der 1944 für diese leichtere Ausprägung des Autismus mit durchschnittlicher oder überdurchschnittlicher Intelligenz den Begriff »autistische Psychopathie« prägte. Patienten, die später nach Asperger benannt wurden, sind vergleichsweise unauffällig: Sie können sprechen und gelten nicht als zurückgeblieben. Vor sechs Jahren sei das Syndrom in Deutschland offiziell »zum Thema« geworden, heißt es beim Bundesverband »Hilfe für das autistische Kind«.

Zu spät für Ben Weber*. Der 42-Jährige wurde erst 1998 als Asperger diagnostiziert. Hinter ihm und seiner heute 76-jährigen Mutter liegt ein langer Leidensweg. Als Sonderling fiel Ben zuerst im Kindergarten auf. Er galt als Perfektionist, der immer zu lange brauchte. Bei einem Begabungstest, den er als 7-Jähriger absolvierte, zeigte sich – rückblickend betrachtet – ein für Asperger typisches Bild: überdurchschnittliche Intelligenz und das auffallend starke Gefälle zwischen über- und unterdurchschnittlich ausgeprägten Fähigkeiten. Als Kind identifizierte er Moose im Wald. In der Hauptschule beeindruckte er mit seinem prähistorischen Wissen. »Das war über fossile Hominiden«, erzählt Ben und hält dabei leidlich Blickkontakt. Häufig scheinen seine Augen abzuschweifen. Obwohl seine Mutter betont, dass die Familie mit ihm trainiert habe: »Du musst die Leute ansehen, wenn du mit ihnen sprichst!«

In der Öffentlichkeit gelten Asperger-Patienten oft als seltsame Käuze

Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass das Asperger-Syndrom auf genetischen Faktoren beruht – nicht auf Traumata, wie man lange Zeit annahm. Trotzdem ist noch vieles unklar. In Betracht gezogen werden auch Hirnschädigungen vor oder während der Geburt: Eine Entwicklungsstörung neuronaler Netze behindert möglicherweise die Verarbeitung komplexer Informationen. Als Ursachen gelten auch neuropsychologische Defekte. Sie betreffen neben Defiziten in Motorik und visueller Raumwahrnehmung etwa die Fähigkeit, anderen bestimmte Gefühle zuzuschreiben, Einzelheiten als zusammengehörig aufzufassen, gespeicherte Fakten abzurufen. Das Dilemma der Asperger: Sie können ihr bisweilen lexikalisches Wissen kaum nutzen oder einordnen, da bei ihnen die Wissensspeicherung überwiegt.

Charakteristisch ist die spleenhaft wirkende Fixierung auf absonderliche Fachgebiete. In der Literatur liest man von Aspergern, die leidenschaftlich gern Elektromotoren auseinander nehmen, sich für Uhren begeistern, Süßigkeiten sammeln, ohne sie zu essen, Telefonbücher oder lateinische Namen von Medikamenten studieren. Uferlos könne dieses Interessenspektrum sein, sagt Helmut Remschmidt. Er kann sich an einen Patienten erinnern, »der Kirchtürme sammeln und klassifizieren wollte« – mit Zeichnungen und Fotografien. Gleichwohl warnt der Wissenschaftler vor Klischees: »Nicht alle Asperger sind hyperintelligent.« Intellektuell stark eingeschränkte Patienten gäbe es allerdings kaum. Für Ursula Franke sagt das nichts aus über die Alltagstauglichkeit. Was nutze ein IQ von 136, wenn jemand ständig zu spät zur Schule komme? Die stellvertretende Leiterin des Kölner Autismustherapie-Zentrums (ATZ) beschäftigt sich seit Jahren mit den Folgen des Asperger-Syndroms. Das ATZ ist eines von 39 Therapiezentren dieser Art in Deutschland. 14 Mitarbeiter betreuen hier derzeit rund 100 autistische Patienten. Knapp 40 davon haben die Diagnose Asperger. Das Geschlechterverhältnis männlich/weiblich liegt bei etwa vier zu eins. Beim Asperger-Syndrom sind männliche Patienten in der Regel noch häufiger als beim frühkindlichen Autismus: Hier kommen gleich acht von ihnen auf eine Frau.

Einer der »Klienten«, wie sie im ATZ heißen, ist 16 Jahre alt. Seine Therapie gilt vorläufig als abgeschlossen. Franke hat unter anderem dabei geholfen, ihn aufs Abitur vorzubereiten. »Dabei wird die Strukturierung des Tagesablaufs groß geschrieben«, erklärt die Therapeutin. Strukturieren bedeutet Regeln lernen: Wie schaffe ich es, pünktlich aufzustehen? Wie erledige ich meine Hausaufgaben? Wie oft muss ich meine Wäsche wechseln? Ein Schlüsselproblem vieler Asperger ist der Umgang mit der Zeit. An Pünktlichkeit können sie sich oft nur schwer gewöhnen. Die Argumentationskette, mit der die Diplompädagogin arbeitet, geht so: »Ich lebe in einer Gemeinschaft, nicht auf einer Insel. Man muss nach Regeln leben, damit man klarkommt. Wenn man Abitur machen will und nie pünktlich kommt, hat man Schwierigkeiten.« Die Geheimwaffe der Therapeutin: schriftliche Verträge abschließen.

Disziplin ist nur ein Teil der Therapie. Es gibt Videoaufnahmen und Rollenspiele, mit denen die Patienten den Blickkontakt üben oder lernen können, wie man Gefühle von Gesichtern abliest. Auch das wird trainiert: Wie nimmt man mit anderen Kontakt auf? Wie verhält man sich im Treppenhaus oder an Eingängen? Dass hoch intelligente Menschen an simplen Anforderungen scheitern können, ist nach Frankes Erfahrung ein Problem, auf das Eltern und Lehrer fassungslos reagieren. Schon deshalb legt sie viel Wert auf die »Beratung des Umfeldes«. 50 bis 70 Prozent ihrer Arbeit widmet Franke der Familie ihrer Klienten, dem Kindergarten, der Schule. Betroffene und Kontaktpersonen müssen lernen, mit dem Syndrom umzugehen.

Seine vielfältigen Erscheinungsformen machen es schwierig, seine Verbreitung hochzurechnen. Es wird häufiger diagnostiziert als noch vor wenigen Jahren. Und wohl auch früher: Im ATZ stehen immer öfter Vier- und Fünfjährige auf der Warteliste. Remschmidt vertritt den Standpunkt, dass ein erfahrener Psychiater Asperger schon bei Dreijährigen diagnostizieren kann. Doch mit Schätzungen zum Vorkommen hält er sich zurück – und verweist auf die spärlichen Forschungsergebnisse der Kollegen. Eine Hochrechnung aufgrund von klinischen Stichproben hat ergeben, dass zwei Prozent der Bevölkerung an Asperger leiden sollen. Remschmidt sieht die Entwicklung der Diagnostik nüchtern: »Ich glaube nicht, dass es heute mehr Fälle gibt als früher.« Das Syndrom sei einfach bekannter geworden, die Aufmerksamkeit größer, die Auswertung besser. Wird es tatsächlich vererbt, könnte dies auf eine vergleichsweise hohe Dunkelziffer deuten – bezogen auf all jene Einzelgänger und Sonderlinge, die unerkannt autistische Merkmale in sich tragen. »Es gibt die, die sich durchwurschteln«, sagt Ursula Franke. »Das sind dann die seltsamen Käuze.«

Bei all den unterschiedlich gelagerten Fällen erscheint auch eine Prognose des Syndromverlaufs schwierig, zumal es bei Aspergern kaum Langzeituntersuchungen gibt. Für Helmut Remschmidt ist klar: Je massiver die Kontaktstörung, umso schlechter die Prognose. Bei schweren Ausprägungen erscheint betreutes Wohnen und Arbeiten bisweilen als der einzige Ausweg. Ursula Franke kennt aber auch positive Beispiele: Dolmetscher, Reiseverkehrskaufmann, Beschäftigte im IT-Bereich. Ein 35-jähriger Klient hat erfolgreich Jura studiert und ist Beamter geworden. »Ohne Publikumsverkehr«, erzählt Franke, »der muss sich mit Akten herumschlagen.«

Sein Mangel an Schnelligkeit, Intuition und Reizverarbeitung hat Ben zum Außenseiter gemacht. Ben selbst hat nie so recht durchschaut, warum ihn seine Mitschüler hänselten. Asperger, so heißt es, nähmen ihre eigene Persönlichkeit als »gesund« wahr. Auch sein berufliches Scheitern schien programmiert, obwohl er, dreisprachig aufgewachsen, das Abitur nachholte. Seine Laufbahn als Präparator am Geologisch-Paläontologischen Institut endete, als dort Stellen gestrichen wurden. Das Studium der Biotechnologie brach er aus ethischen Gründen ab. Die Umschulung zum Kommunikationselektroniker war vergeblich, weil er beim Vorstellungsgespräch durchfiel. »Ich wurde gefragt, ob ich irgendwelche Mannschaftssportarten mitmachen würde«, erzählt er. »Ich habe gesagt, dass ich keinen derartigen Sport treibe.«

»Er würde nicht lügen«, sagt seine Mutter. Wer ungeschriebene soziale Regeln nicht versteht, Metaphern und Ironie wörtlich nimmt, hat eben keine Chance. Wenn sie Ben androht, sie müsse ein Hühnchen mit ihm rupfen, entgegnet er nur erstaunt: »Kein Hühnchen in Sicht!«

Ben lebt heute in einer eigenen Wohnung – allein, wie viele Asperger. Helmut Remschmidt stellt fest: »Einen Partner zu finden ist für sie ein großes Problem.« Ben sagt: »Es ist schwer für mich abzuschätzen: Wie viel von mir kann der andere vertragen?« Er hat einen gesetzlichen Betreuer in amtlichen und geschäftlichen Dingen. Arbeit hat er im Ladengeschäft einer Behindertenwerkstatt gefunden. »Früher wurden solche Leute Professor«, hadert seine Mutter.

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Ganz liebe Grüße
Biene


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BeitragVerfasst: Dienstag 19. Juni 2007, 17:43 
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Klinische Bezeichnungen: Asperger-Syndrom, Asperger-Störung, High-Functioning-Autismus, Autismus-Spektrum-Störung

Du kennst Menschen mit Asperger-Syndrom vielleicht als:
Geeks, Nerds, Exzentriker, zerstreute Professoren, Einzelgänger, Spezialisten, "schüchtern", "komisch", "von einem anderen Planeten" ...

Das Asperger-Syndrom bedeutet, dass das Gehirn anders aufgebaut ist und dass man deshalb die Welt anders wahrnimmt als die meisten Menschen. Nicht falsch, nur anders. Das Asperger-Syndrom ist keine Krankheit, sondern ein neurologischer Unterschied. Obwohl die Begriffe, mit denen das Asperger-Syndrom beschrieben wird (Syndrom, Störung usw.) pathologisierend sind, ist es richtiger zu sagen, das Asperger-Syndrom ist eine andere Art zu sein. Ein Teil menschlicher Vielfalt.

Das Asperger-Syndrom hat einige charakteristische Merkmale:

* eine ungewöhnliche Wahrnehmungsverarbeitung

* eine ungewöhnliche soziale Interaktion

* eine ungewöhnliche Art der sozialen Kommunikation

* Schwierigkeiten, nicht-autistische Menschen zu verstehen

* häufig motorische Ungeschicklichkeit


Ungewöhnliche Wahrnehmungsverarbeitung

Aspies neigen dazu, sehr sensibel auf Sinnesreize zu reagieren. Laute Geräusche, helle Lichter, starke Gerüche oder unerwartete Berührungen können einen "Overload" verursachen. Bestimmte dauerhafte Geräusche, wie z.B. verschiedene Stimmen, die durcheinanderreden, können sehr anstrengend sein. Aspies bevorzugen häufig ruhige Umgebungen mit gedimmten Licht. Manche tragen Ohrstöpsel und Sonnenbrillen, um sich gegen zu viele Reize abzuschirmen. Art und Ausmaß der Reizempfindlichkeiten sind von Aspie zu Aspie sehr unterschiedlich.

Die Wahrnehmungsverarbeitung kann (verglichen mit der der Durchschnittsbevölkerung) Überempfindlichkeiten, Unterempfindlichkeiten oder beides umfassen.

Häufig sind Überempfindlichkeiten gegenüber:

* Lärm - z.B. plötzlicher, durchdringender Lärm; schrille, kontinuierliche Geräusche (z.B. von vielen elektrischen Geräten); sehr viele Geräusche durcheinander (z.B. im Supermarkt)

* Berührung - manche Aspies mögen es generell nicht, berührt zu werden, manche mögen unerwartete Berührungen nicht, bei manchen sind bestimmte Körperbereiche besonders empfindlich, z.B. die Kopfhaut oder die Handgelenke. Häufig sind auch Abneigungen gegen bestimmte Kleidungsstücke aufgrund von sensorischen Problemen. Manche Aspies mögen keine leichten Berührungen, finden festem Druck aber angenehm. Temple Grandin entwarf aus diesem Grund ihre "Hugbox" oder "Squeeze Maschine", deren kräftiger Druck sie entspannte.

* Geschmack - viele Aspies sind sehr wählerisch mit dem Essen.

* visuelle Reize - grelles Licht, grelle Farben, zu viele visuelle Reize auf einmal, Neonlicht, flackerndes Licht

* Gerüche - z.B. Parfüm, Deodorants, Putzmittel etc.

Eltern von Aspie-Kindern sehen diese Überempfindlichkeiten manchmal als ein Verhaltensproblem an, doch das sind sie nicht. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass Überempfindlichkeiten keine Einbildung sind, sondern sehr real. Wenn ein Aspie überempfindlich ist gegenüber einem bestimmten Nahrungsmittel, z.B. aufgrund dessen Geschmack oder Konsistenz, dann es dieses Nahrungsmittel eben tatsächlich unerträglich für ihn oder sie. Und wenn ein Kind plötzlich "grundlos" anfängt zu schreien (und oft selbst den Grund noch nicht nennen kann), dann sollten Eltern auf die Suche nach einer möglichen Quelle unerträglicher Reize machen. Vielleicht surrt irgendwo ein Elektrogerät?

Weniger auffällig sind Unterempfindlichkeiten, oft gegenüber Kälte oder Schmerzen. Auch wenn ein Aspie in Gedanken oder in ein Buch vertieft ist, ist er oder sie vielleicht "wie taub" für den Rest der Welt, was auch immer passiert.


Ungewöhnliche soziale Interaktion
Viele der Unterschiede beziehen sich auf die Art und Weise, wie Aspies mit anderen kommunizieren. Ihre Art der Kommunikation ist eher direkt und das hat verschiedene Folgen: Weil Nicht-Aspies indirekte Kommunikation meist als Höflichkeit sehen, sehen sie Aspies oft als unhöflich und taktlos. Aspies sagen, was sie denken, anstatt "um den heißen Brei herumzureden". So etwas wie "Dinge sagen, ohne sie zu sagen" gibt es für sie nicht. Umkehrt interpretieren Nicht-Aspies manchmal in die Aussagen von Aspies etwas hinein, was darin nicht enthalten war. Sie sind es nicht gewohnt, dass jemand genau das meint, was er oder sie sagt und nicht mehr und haben deshalb Schwierigkeiten, Aspies zu verstehen. Oft können sie nicht glauben, dass es keine versteckte Bedeutung gibt, oder dass die Kommentare, die sie als grob und unverschämt empfanden, tatsächlich hilfreich gemeint waren. Das verursacht viele Missverständnisse und weil Nicht-Aspies in der Mehrheit sind, haben Aspies dabei meist das Nachsehen.

Aspies interpretieren Sprache so, wie sie sie selbst verwenden: wörtlich und exakt. Sie "lesen nicht zwischen den Zeilen". Manche (aber keineswegs alle) Aspies haben Schwierigkeiten, Redewendungen und Ironie zu verstehen. Andere verwenden diese Konzepte selbst häufig. Die meisten Menschen aber verwenden Sprache in einer unklaren und mehrdeutigen Weise, bei der nur aus dem Kontext klar wird, was gemeint ist. Genauigkeit und Klarheit sind Kennzeichen der Sprache von Aspies. Aspies verwenden häufig eine formale Sprache in der Alltagskommunikation, wo andere Menschen Umgangssprache verwenden.

Aspies erkennen ungeschriebene soziale Signale sowie Körpersprache, Gesichtsausdrücke oder Tonfall nicht automatisch, sondern müssen, wenn sie sie lernen wollen, Anstrengungen machen, ähnlich wie jemand eine Fremdsprache lernt. Das Problem mit sozialen Regeln ist, dass sie zum einen extrem kontextabhängig sind, zum andern erfordert es Konzentration, sie zu beachten und anzuwenden. Und Aspies tendieren dazu, sich auf eine einzelne Sache zu konzentrieren anstatt auf mehrere. Das Nicht-Verstehen nonverbaler Signale führt oft zu Verwirrung, wenn Aspies und NTs kommunizieren. Der NT sendet vielleicht Signale aus, dass er an einem bestimmten Thema nicht interessiert ist oder dass er es müde ist, überhaupt mit der anderen Person zu sprechen. Der Aspie erkennt die Signale nicht und de NT wird immer ärgerlicher, weil aus seiner Sicht (und auf einer unbewussten Ebene) seine Signale ignoriert werden.

Aspies interessieren sich meist nicht für die soziale Hierarchie einer Gruppe. "Cool sein" und "Image" sind Dinge, die Aspies im Allgemeinen nicht kümmern. In der Schule werden Kinder oft von anderen gehänselt, die dadurch ihr eigenes Ansehen steigern wollen. Aspies sehen meist keine Notwendigkeit, ihr Image zu verbessern, schon gar nicht dadurch, dass sie andere schlechtmachen und verstehen auch nicht, warum andere das tun. Sie tun meist das, was sie tun wollen, ohne sich darum zu kümmern, ob es "cool" ist oder nicht. Leider führt das oft dazu, dass sie in der sozialen Hierarchie ganz unten landen und gemobbt werden.

Oft heißt es, dass Aspies lieber allein sind. Das stimmt so aber nicht. Zwar brauchen die meisten Aspies einige Zeit am Tag für sich allein, aber meistens wollen sie nicht die ganze Zeit allein sein. Sie wollen Freunde und mit anderen zusammen sein, haben aber oft eine lange Reihe schlechter Erfahrungen mit der Interaktion mit anderen Menschen gemacht, aus den beschriebenen Gründen. Es ist nicht so schwer zu verstehen, warum viele Aspies schüchtern sind und/oder sich lieber von anderen fernhalten.

Aspie-Kinder haben meist Schwierigkeiten, mit Gleichaltrigen (Nicht-Aspies) zu interagieren. Diese haben meist andere Interessen und eine andere Art der Kommunikation - deshalb fehlt eine gemeinsame Basis für eine Freundschaft. Aspie-Kinder spielen deshalb oft lieber mit jüngeren oder älteren Kindern oder halten sich unter Erwachsenen auf.

Spezialinteressen

Ein weiterer Aspekt der Aspie-Persönlichkeit ist das Fokussieren auf ein spezielles Interessensgebiet. Aspies neigen dazu, sich auf ein spezifisches Thema zu konzentrieren und dieses Interesse sehr intensiv zu verfolgen. Den Eifer und die Begeisterung, mit der sie sich ihrem Thema widmen, werden NTs so nie erleben. Jedes denkbare Thema kann zum Interessesgebiet werden, von Computern über Heizungsrohre bis hin zu mittelalterlicher Dichtung. Manchmal dauert ein Interesse jahrelang an, manchmal nur ein paar Wochen.

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BeitragVerfasst: Dienstag 19. Juni 2007, 17:51 
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Wenn Kinder weder Gestik noch Mimik deuten können

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Sie verstehen Gefühlsäußerungen anderer Kinder nicht, sind motorisch ungeschickt und meist besessen von Mathematik oder Naturwissenschaften: Kinder mit Asperger-Syndrom haben eine besondere Form des Autismus.

Rund 20.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden unter einer besonderen Form des Autismus: dem Asperger-Syndrom. Die Patienten sprechen früh und lernen schnell, doch sie können weder Gefühle noch Gestik oder Mimik deuten. Soziale Verhaltensweisen müssen ihnen immer wieder erklärt werden. Mit individuell ausgerichteten Behandlungsansätzen können die Symptome gelindert werden, wie die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie erklärt. Das Asperger-Syndrom, von dem Jungen acht Mal häufiger betroffen sind als Mädchen, wird meist erst sehr spät erkannt.

Richtige Diagnose kommt oft zu spät
Nach Angaben des Kinderpsychiaters Helmut Remschmidt von der Universitätsklinik Marburg vergehen im Schnitt acht Jahre, bis Ärzte die richtige Diagnose stellen und eine geeignete Therapie verordnen. Im Vordergrund der Erkrankung stehen dem Professor zufolge ausgeprägte Kontakt- und Kommunikationsstörungen: Trotz oft überdurchschnittlicher Intelligenz und eines umfangreichen Wortschatzes könnten die Betroffenen keine altersgerechten Beziehungen zu anderen Kindern aufbauen. Sie verstünden deren Gesten und Blicke nicht, zeigten nur ein sehr geringes Einfühlungsvermögen, eckten dadurch oft an und würden von anderen ausgeschlossen. Motorisch seien sie meist eher ungeschickt und könnten erst spät Fahrrad fahren oder schwimmen.

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BeitragVerfasst: Dienstag 26. Juni 2007, 02:27 
Danke, biene und Ela! :knuddel

Ich finde es sehr gut, dass über meine Behinderung, dem Autismus, auch hier was ausführlich geschrieben wird! :gut


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